01.02.2025
Im Schrank liegen zwei alte, schwere Türklinken aus Bronze. Als irgendwo eine doppelflügelige Kirchentür ausgewechselt wurde, passten sie nicht mehr und wanderten in das Depot. Die eine fast schwarz, schartig, unbenutzt. Die andere blank gerieben und abgescheuert von vielen tausend Händen, die sie heruntergedrückt haben, um in die Kirche zu gehen. Die eine von dem Türflügel, der immer geschlossen blieb. Sie war nur für die Symmetrie angebracht worden, eine Aufgabe als Türöffnerin hatte sie nicht. Die andere von dem Flügel, der immer benutzt wurde, vom Eingang der Kirche. Alle, die hineinwollten, mussten sie niederdrücken.
Die alten Klinken erzählen etwas von der Gewichtigkeit der Tür, für die sie gemacht worden waren. Eine kleine, zierliche Metallstange, wie damals durchaus verbreitet, hätte es nicht getan. Die Türklinken hätten nicht so wuchtig sein müssen, das nicht, aber sie sollten zur Tür passen und zu dem, was dahinter ist: ein Kirchenraum, eine große, weite, hoch überwölbte Halle für Stille, Gebet, Lied und Lesung. Und für manche Lebensstation, zu der man sich in der Kirche mit den Familien versammelt.
Beide Türklinken sind auch ein schönes Zeichen für ein neues Jahr. Die eine, blank geriebene, weist darauf hin, dass auch im neuen Jahr vieles so ist, wie bisher – alte Wege, bewährte Gewohnheiten, häufige Wiederkehr. Das Jahr ist schon an seinem Anfang blankgeputzt vom vielen Altgewohnten. Und die andere: dunkel, unbenutzt, fast „fabrikneu“, wenn nicht Wind und Wetter ihr Werk getan hätten.
Ein neues Jahr ist hier und da ganz und gar wirklich neu, es werden andere Wege sein, andere Ziele und wieder andere Menschen, mit denen wir zusammenkommen werden. Und manch einer weiß: Auch ich selbst werde nicht der alte sein in den neuen Tagen, ich trage die Veränderung an mir – manchmal mit fröhlicher Neugier, manchmal mit seufzender Traurigkeit. Und an der anderen Seite der Jahrestür schon blankgerieben von der immerwährenden Wiederkehr. Und hier und da greifst du an die blank geriebene Klinke einfach nur, um zu fühlen: Es ist noch so geblieben, wie es mir vertraut ist in meinem Leben.
Wir haben zum Jahresbeginn die Klinke niedergedrückt
und sind hindurch geführt worden durch die Jahrespforte. Jetzt sehen wir: Wir werden da nicht alleine sein, im lichten, himmlischen Gewölbe unbenutzter Lebenszeit